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Eismeister Zaugg: HCD oder die fragile Magie der Siege

Yannick Frehner (HCD) beim Abklatschen nach seinem Treffer zur 4:2 Fuehrung, im Eishockey Spiel der National League zwischen HC Davos, HCD und SCL Tigers, SCL, am Samstag, 25. Oktober 2025, in der zon ...
Puck Luck beim HCD: Yannick Frehner bejubelt seine Treffer gegen die SCL Tigers am 25. Oktober 2025.Bild: keystone
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Davos oder die fragile Magie der Siege

Nicht einmal zu den besten Zeiten unter Arno Del Curto hat Davos im Herbst die Liga so dominiert. Ist der HCD ein Meisterkandidat? Das könnte sich im Verlauf der Olympia-Pause entscheiden.
27.10.2025, 18:0927.10.2025, 18:09

Es gibt Phasen, in denen einfach alles zu gelingen scheint – oder es zumindest so wirkt. Der HCD gewinnt Spiel um Spiel: inzwischen 18 Siege in 19 Partien. Selbst die bisher einzige Niederlage – nach Penaltys gegen die Lakers – brachte noch einen Punkt.

Pucks springen in die richtige Richtung, abgefälschte Schüsse finden die kleinste Lücke, und der Goalie fängt im richtigen Moment Scheiben, die eigentlich schon drin waren. Manchmal wirkt es, als hätte das Glück beschlossen, in den Bündner Bergen zu überwintern. «Puck Luck» sagen die Kanadier. Aber es ist nicht nur reines Glück. Dahinter stehen harte Arbeit, Mut, Talent, Instinkt und Intelligenz.

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Doch die Magie der Siege bleibt zerbrechlich. Sie ist weder zwingend noch selbstverständlich. Kein Besitz. Kein Dauerzustand. Und es spricht für die Davoser, dass sie das wissen.

Magie der leichten Siege?

Geschäftsführer Marc Gianola verteidigte beim HCD von 1993 bis 2010 und war in den letzten sechs Jahren seiner Karriere Captain unter Arno Del Curto. Er sagt, eine solche Dominanz wie jetzt habe er als Spieler nie erlebt. Aber er differenziert: «Wir dominierten damals Spiele. Aber eine vergleichbare Sieges-Serie gelang uns nie.» Die Magie der leichten Siege gab es eigentlich nie. Im Frühjahr 2009 musste der HCD auf dem Weg zum Titel beispielsweise in den Playoffs die maximale Distanz von 21 Partien durchstehen und acht waren nach 60 Minuten noch nicht entschieden.

Marc Gianola sucht nach einer Erklärung für diesen goldenen Herbst: «Im Mosaik des perfekten Teams fehlen nur wenige Teile.» Alles passe – jeder kämpfe für jeden, die Ausländer sind in Bestform, Matej Stransky ist der beste und charismatischste Stürmer der Liga (19 Spiele/15 Tore/26 Punkte) und auch die Torhüter erfüllen ihre Aufgabe mit Bravour.

Josh Holden hat seine dritte Saison in Davos begonnen. Der eingebürgerte Kanadier, einst als Spieler ein leidenschaftlicher Leitwolf mit kurzer Zündschnur, bringt Emotionen ins Spiel – doch er kontrolliert sie. Die grossen Bandengeneräle steuern das Feuer. Sie werden nicht von ihnen verzehrt.Zwei Szenen zeigen, wie Josh Holden wirkt:

Am 31. Dezember 2023 spielt der HCD im Spengler-Cup-Final gegen Pardubice. Nach seinem letzten Einsatz im Startdrittel – trotz 1:0-Führung – stürmt er auf der Bank zu Tomas Jurco, packt ihn am Leibchenkragen, zieht ihn nach hinten und schreit ihn an: „Bleib aktiv, bleib aktiv! Das ist alles, was ich von dir verlange!“

Jurco, der Davos nach dem Turnier verlassen wird, versucht, sich mit einer schwungvollen Armbewegung zu befreien und trifft dabei beinahe Holden. Sitznachbar Matej Stransky mahnt seinen Teamkollegen zur Ruhe. Der Coach hat getan, was getan werden musste: Emotionen entfacht – aber im richtigen Moment. Der HCD gewinnt 5:3 und den Spengler Cup.

Head Coach Josh Holden (HCD) hinter der Bande, im Eishockey Spiel der National League zwischen dem HC Davos, HCD, und dem HC Ajoie, HCA, am Sonntag, 14. September 2025, in der zondacrypto-Arena in Dav ...
Schaut zuversichtlich aus der Wäsche: HCD-Trainer Josh Holden.Bild: keystone

Am 24. September 2024 verliert Davos in Langnau 0:7. Nach der Partie steht der HCD-Trainer im Kabinengang ruhig und gesammelt Red und Antwort: keine Ausreden, keine Vorwürfe. Nur die Gelassenheit eines Mannes, der weiss, dass ein missglückter Abend kein Urteil spricht. Tatsächlich gewinnt Davos drei der nächsten vier Spiele.

Der HCD hat den perfekten Coach. Eine emotional etwas besser strukturierte Antwort auf den entfesselten Arno Del Curto der besten Tage. Er wird nach Ablauf seines Vertrages im Frühjahr 2027 der perfekte Bandengeneral für die ZSC Lions sein. Allerdings wird sich der Vertrag dann automatisch um eine weitere Saison bis 2028 verlängern falls Josh Holden mit dem HCD 2027 mindestens den Halbfinal erreicht.

So ansteckend wie verletzlich

Taktisch aber gibt es keinen Vorsprung auf die Konkurrenz. Davos zelebriert einfaches, reines Hockey: Laufen, direkt kombinieren, diszipliniert und konzentriert bleiben, präzise, mutig. Bissiges Forechecking bei gegnerischem Scheibenbesitz und schnelle Auslösungen bei Puckbesitz. Ein Spiel aus Grundformen, ohne Schablone, aber auch ohne spielerische Schneckentänze.

Diese Schlichtheit kostet Kraft. Der HCD spielt mit einer Energie, die zugleich ansteckend und verletzlich ist – wie ein Feuer, das hell lodert, aber jederzeit verlöschen kann, sobald der Wind des Glückes dreht. Manchmal scheint selbst die Mannschaft überrascht, dass sie am Ende doch wieder drei Punkte eingefahren hat. Die Siege kommen – und nicht immer gibt es eine logische Erklärung. Man spielt, man kämpft, man stolpert – und am Ende steht man oben. Verwundert, dankbar, manchmal wohl auch ein wenig ungläubig.

Es ist die Dynamik eines erfolgreichen Teams: Siege gebären Siege, so wie Niederlagen neue Niederlagen zeugen.

Was Titel mit Laub zu tun haben

Ist Davos also Titelfavorit? Nein. Der HCD profitiert auch davon, dass die Titanen – ZSC Lions, Lausanne, Zug, Servette – im Herbst noch nicht oder nicht konstant ihr bestes Hockey zeigen. Meisterschaften werden nicht entschieden, solange noch Laub an den Bäumen hängt. Titel werden gefeiert, wenn neues Laub gewachsen ist.

Aber: Davos kann Meister werden! Die entscheidende Frage lautet: Wird die Energie bleiben und das Spiel im März und April noch so schwungvoll, so dynamisch, so fliessend, so leicht sein wie im September und Oktober? Wird die Euphorie tragen, wenn Müdigkeit kommt, wenn das Glück vielleicht woanders Station macht?

Der Erfolg – er ist kein Zustand. Er ist bei einem so unberechenbaren Spiel auf rutschiger Unterlage fast wie das Wetter. Heute heiter, morgen trüb, der Wind dreht, das Glück geht – wer weiss. Da mag es zuversichtlich stimmen, dass Davos am meisten Sonnentage aller Orte auf der Alpen-Nordseite zählt.

Jubel bei den Davosern nach der 2:1 Fuehrung mit Valentin Nussbaumer (Torschuetze) und Enzo Corvi (Passgeber), von links, im Eishockey Spiel der National League zwischen HC Davos, HCD und SCL Tigers,  ...
Jubelnde Davoser, dieses Bild hat keinen Seltenheitswert diese Saison.Bild: keystone

Die Olympia-Pause vom 1. bis 24. Februar wird zum entscheidenden Faktor. Drei Wochen Zeit, um Batterien zu laden. Zum Atemholen, zum Kräftesammeln. Eine Pause zum rettenden, meisterlichen Atemzug.

Bis dahin aber rollt und rutscht der Puck weiter, das Glück reist mit – und Davos gewinnt. Irgendwie und immer wieder. Die fragile Magie der Siege.

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HC Davos: 31 Titel, 6 seit 1986; zuletzt Meister: 2015.
quelle: keystone / ennio leanza
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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Blaugrana
27.10.2025 19:15registriert Januar 2017
In über 40 Jahren als HCD-Fan nie erlebt, so etwas wie diese Saison bisher. Der Einbruch wird natürlich irgendwann kommen, das ist klar. Es wird dann darum gehen, die Ruhe zu bewahren und mit einem Game Plan durch diese Baisse zu gehen, wenn sie denn mal kommt. Ich traue das dem Team, den Coaches und der Führungscrew zu... und wer weiss, vielleicht gibt's am Ende der Saison wieder ein Trikot zur Feier der Meisterschaft... 😊
Die Liga ist ausgeglichen, die Favoriten holen erst Anlauf. Bin gespannt wie es weitergeht und freue mich über geiles Hockey in der Schweiz!
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Thomas Meister
27.10.2025 19:00registriert April 2019
Was der HCD im Moment zeigt ist schlicht und einfach sackstark, die Playoffs sind eigentlich schon so gut ein eingetütet. Aber wie geht der HCD mit Niederlagen um? Sie werden nicht durchmarschieren. Und wenn die Pucks dann plötzlich nicht mehr einfach so reingehen wird es spannend.
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Jacques #23
27.10.2025 18:27registriert Oktober 2018
Wir dürfen auch nicht vergessen, dass mit Büehli und Marc Wieser viel unsichtbarer Raum frei geworden ist, der mit frischer Energie befüllt wird... Denn es ist die gleiche Mannschaft wie letztes Jahr.

Im Moment isches hübsch.
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